Der Weltverbesserer

Der Weltverbesserer

Angespannt sitzt der Mann auf dem hartem Bistrostuhl des Cafes und blättert in seiner Zeitung. Vor den grossen Fenstern zieht die Stadt vorbei, mit seinen Pendler*innen, Einkäufer*innen, Schüler*innen und Rentner*innen. Die hohen Scheiben spiegeln die Welt. Doch im Cafe herrscht Rückzug und Ruhe. Ein Ort zum Nachdenken.

Die junge Bedienung läuft geschäftig von Tisch zu Tisch und wischt mit dem feuchten Lappen Krümel in ihre hohle Hand. Ihr strenger Pferdeschwanz schwingt von einer Seite auf die andere. Sie räumt geräuschvoll Geschirr weg und schiebt Stühle zurecht. Doch der Mann mit den grauen Haaren und dem steifen schwarzen Pullover lässt sich nicht stören. In einen Artikel vertieft, rückt die Brille auf seiner Nase zurecht und schiebt den Kopf interessiert nach vorn, dabei spannen sich die Muskeln und Sehnen an seinem Hals.

Er kennt sich aus, weiss Bescheid. Dies ist die Welt, da kann man nichts machen. Er blättert trocken raschelnd die eng beschriebenen Seiten um. Die stumm vor sich hin gemurmelten Worte hinterlassen tiefe Falten auf seiner Stirn. Empört schnaubt er, klickt ungeduldig mit dem Stift in der Hand. Aber er liest die ganze Zeitung, alles.

Dann, weit über das Papier gebeugt, beginnt er Zeilen zu streichen, Texte zu verbessern und gibt Artikeln eine neue Wendung. Aufgeregt fliegt nun der Stift über die Wörter, gleitet über die Spalten und springt schwungvoll von einer Schlagzeile zur Nächsten.

Nun spiegelt sich Zustimmung hinter den verschmierten Brillengläsern des Mannes. Erleichterung breitet sich aus. Gewissenhaft arbeitet der Mann an der Verbesserung der Welt. Er ist nicht zu stoppen, nicht einmal vor dem Wetterbericht macht er halt. Und als er nach einer Stunde fertig ist, legt er die Zeitung zufrieden in den Zeitungsständer zurück. Für heute hat er genug getan. Gut gelaunt verlässt er das Cafe. «Bis morgen», verabschiedet er sich fröhlich. Hinter ihm fällt die Tür leise ins Schloss.

Wie jeden Abend nimmt die Bedienung die Zeitungen aus der Auslage. Sie wirft sie in die Papiersammlung. Nur eine behält sie für sich. Eine Zeitung drückt sie liebevoll an die Brust, als sie nach Hause geht.