Der Weihnacht-Mann

Der Weihnacht-Mann

Es war der 23.12. und die Supermärkte waren voll. Menschen liefen umher und kauften, kauften was es gab. Von jedem etwas. Meist aber viel zu viel.

Aus den Lautsprechern dröhnte Weihnachtsmusik, die allerdings niemanden in festtägliche Stimmung brachte. Denn eigentlich hörte keiner die Musik, dafür war es viel zu laut hier.

Einkaufswagen rollten, Fahrstühle klingelten, Rolltreppen schepperten und mittendrin, sass ein Mann auf einer Bank.

Alle liefen an ihm vorbei. Keiner kümmerte sich um ihn. Sein unrasiertes Kinn bebte, doch auch das sah niemand. Alle waren viel zu beschäftigt noch mehr überflüssige Sachen auf ihre übervollen Einkaufswagen zu türmen.

Eine Frau blieb stehen. Hatte sie etwas gehört? Ein Weinen, ein Wimmern? Sie sah sich um. Auf der Bank sass der Mann. Sein Kinn bebte, und er weinte. Hier in dieser vollen Einkaufshölle sass er, zwischen den ratternden Einkaufswagen, der Weihnachtsmusik und den Glitzersternen und weinte.

Sie hatte es bemerkt. Kurz irritiert ging sie schliesslich weiter. Da sitzt ein ältere Mann, etwas schäbig, mit unrasiertem Kinn auf einer Bank im Einkaufszentrum und weinte. Was hatte er denn bloss? War ihm das zu viel Trubel? Oder gab gerade seine Frau in der Schmuckabteilung zu viel Geld aus? Wahrscheinlich war er ein Säufer, so wie er aussah. Da werden die Tränen mehr Alkohol enthalten, als Salz.

Oder war er einfach nur einsam. Ein Mensch unter Menschen, allein. Niemand da, den er beschenken könnte, niemand, der ihm was schenkte.

Vielleicht war er aber auch traurig, weil er gesehen hatte, wie alle hektisch umher rannten, kleine Kinder an der Hand hinter sich her zogen und ihnen dann teure Geschenke kauften. Um ihr Gewissen zu beruhigen, um sich frei zu kaufen. Um sich zu entschuldigen, für zu wenig Zeit, zu wenig Aufmerksamkeit, Respekt und Anerkennung.

Wo möglich hatte er gesehen, was ein einziges Fest aus den Menschen machte. Sie triebt und hetzte, wo sie besinnlich beisammen seien sollten. Vielleicht war er der Geist der Weihnacht gewesen, den niemand sah, niemand mehr spürte und von dem niemand mehr etwas wusste.

Ich weiss es nicht. Denn auch ich bin einfach vorbei gegangen. Ich habe ihn nicht gefragt, ob alles okay ist, ob er etwas braucht? Ich habe mich nicht getraut.